Der Westsee in Hangzhou ist wohl der berühmteste See einer chinesischen Stadt. Seine Brücken und Inseln sind Schauplatz von vielen chinesischen Liebesgeschichten. Schon die Erwähnung des Westsees weckt bei vielen Bürgern Chinas romantische Gefühle. Und natürlich rankt sich auch eine Legende um diesen berühmten Westsee. Ein Phönix und ein Drache sollen sich um eine Perle gestritten haben. Diese Perle fiel im Laufe der Auseinandersetzung auf die Erde und verwandelte sich dort in den Westsee.

Auch wenn Hangzhou wieder einmal 7 Mio. Einwohner hat, so hörte sich der See und die Umgebung von Hangzhou nach Naherholung an und wir beschlossen in Hangzhou meinen Geburtstag zu feiern. Ein wenig fernab der Hektik von Shanghai, ein wenig beschaulicher am See und vielleicht auch in den Bergdörfern der Umgebung, deren Hänge voller Teeplantagen sind.

Als wir Freitag Abend in Hangzhou ankamen, fanden wir auch sogleich ein schönes altes Guesthouse am See. Da uns das Zimmer ein wenig zu teuer war, wir aber keine Lust hatten im Dunkeln weiter zu suchen, checkten wir erst einmal nur für eine Nacht ein, um möglicherweise am nächsten Tag im Hotel in ein günstigeres Zimmer um zu ziehen. Danach gingen wir gut essen und feierten in einer Bar mit Live Musik in meinen Geburtstag hinein.

Am Samstag Morgen (mein Geburtstag) haben wir dementsprechend länger geschlafen und beschlossen nach dem Wach werden, dass wir das schöne Zimmer behalten wollen, da es uns das Ausschlafen wert war und wir keine Lust aufs Umziehen hatten. An der Rezeption gegen Mittag erklärte man uns aber, dass das Zimmer bereits gebucht sei, wir schnell ausschecken müssten und jetzt nur noch ein paar andere wenige Zimmer zur Verfügung ständen. Also mussten wir nun doch unsere Sachen wieder packen und sind umgezogen in ein nur bettgroßes Zimmer, dessen Putz und Farbe vonden Wänden kam und die Federn der Matratze einem im Rücken stecken blieben. Na ja da waren wir vielleicht selbst dran schuld.
Dann haben wir versucht irgendwo zu frühstücken und haben mindestens 1 Stunde gebraucht, um etwas brauchbares kleines zu finden. Letztlich wurde es ein kleines chinesisches Restaurant, wo es aber so laut war, dass wir uns nicht unterhalten konnten und zudem noch eine ziemlich mittelmäßige Suppe bekommen haben. Unsere Laune war dementsprechend auch nicht mehr ganz so gut. Wir beschlossen mit dem Fahrrad die Stadt bzw. den See zu erkunden. Die Suche nach den in den Reiseführern angepriesenen Fahrradverleihshops verlief noch schlechter. Gefunden haben wir keine nur die elektronischen Ausleihstationen. Hier muss man jedoch einen größeren Betrag hinterlegen, der jedesmal elektronisch abgebucht wird wenn man sich ein Fahrrad von so einer Station leiht (so etwas gibt es ja auch bei uns in den großen Städten). Das würde sich aber für ein Wochenende überhaupt nicht lohnen. Im Übrigen erfuhren wir dies auch erst an der dritten Station, da eine Kommunikation an beiden ersteren nicht möglich war und man an der dritten Station zumindest ein englisch-sprachiges Papier hatte, was man uns überreichte.
Also waren wir auf die Dich-übers-Ohr-hauen-wollenden Chinesen am Straßenrand angewiesen, die Fahrräder zu einem Preis anboten, für den Du schon ein neues kaufen kannst. Nach langer Verhandlung und noch schlechterer Laune konnten wir um 14 Uhr nun endlich ein Fahrrad besteigen und losfahren. Doch schon nach wenigen Minuten war klar, dass das ganze kein Zuckerschlecken werden würde. Abertausende chinesische Touristen quetschen sich mit Bus, Auto, Fahrrad, Moped oder zu Fuß auf jedes Stückchen freie Fläche, die der Asphalt hergab. Sämtliche Sehenswürdigkeiten um den See herum (das war unsere Route, die wir fahren wollten) waren vor Menschen kaum zu sehen, Polizei und Ordnungspersonal versuchten lenkend einzugreifen, ich denke erfolglos. Als Radfahrer hat man die Wahl zwischen gefährlicher Straße, wo das Prinzip des Stärkeren existiert und nicht etwa das Prinzip des sogar vorhandenen markierten Radwegs, oder des völlig überfüllten Fußweges auf dem man jedoch eher schieben muss. Und das Ganze bei Temperaturen um die 39 Grad. Da weiss man nicht, was gerade schlimmer ist, Hitze oder Menschen. Als die Laune auf dem Tiefpunkt angekommen war, haben wir uns in einen nahe gelegenen Tempel begeben,in dem wir tatsächlich mal kurz aufatmenund Kraft sammeln konnten.
Die Runde um den See haben wir auch irgendwann unbeschadet überstanden, sind aber leider in keinen anderen Tempel oder Pagode oder ähnliches mehr hinein gegangen, da uns die Massen davor abgeschreckt haben. Etwas abseits des Sees fanden wir aber auch immer wieder mal Orte, wo kein Hauhen und Stechen angesagt war.

Im Übrigen wurde uns hier ganz schnell bewußt, dass wir Ausländer sind, da wir alle 5 Sekunden fotografiert worden sind. So etwas kommt in Shanghai nur am Bund vor, wo zahlreiche chinesische Touristen sind und da waren wir bisher nur einmal.

Nachdem wir die Fahrräder abgegeben und uns frisch gemacht hatten, wollten wir in die Bar von Freitag Abend, da wir gesehen hatten, dass es eine Happy Hour gibt und der tag dringend etwas netter werden musste. Da wir auch schon Hunger hatten und nicht viel im Bauch wollten wir jeder nur einen Cocktail vor dem Abendessen trinken. Bestellten also einen Cocktail in der Hoffnung nun zwei zu bekommen. Man brachte uns auch zwei Cocktails, war aber der Meinung, dass man den zweiten Cocktail for free nur für den persönlichen Gebrauch bekommt. Wir also jeder 2 Cocktails trinken müssen. Da wir schon einmal in Kolumbien erlebt hatten, wie sich 2 Französinnen mit dem Kellner deswegen angelegt hatten, weil es grundsätzlich 2 für 1 heisst, hatten wir noch am Anfang unserer Bestellung klar gestellt, das wir keine 4 trinken wollen! Da die Bedienung sofoft MEGA-unfreundlich wurde und uns gesagt hat, dass wir auch gehen könnten, sind wir aufgestanden und gegangen. So langsam musste ich aber auch schon lachen, weil es ein wiederkehrendes Motiv des Tages war, dass irgendwie alles nicht so lief, wie gedacht. So haben wir uns fürs Essen entschieden und sind in die Restaurant- Straße, in der wir Freitag schon ganz gut gegessen hatten. Mein Lachen erstarrte aber auch ziemlich schnell, da man hier nur die logische Konsequenz vom Tag vor sich sah. Diese Massen an Menschen, die tagsüber den See und die Sehenswürdigkeiten bevölkern wollen abends natürlich auch essen. Die Restaurants waren demzufolge ausschließlich überfüllt. Irgendwann beschlossen wir dann uns in eine der Warteschlangen einzureihen und bekamen nach einiger wartezeit einen Tisch im Obergeschoss zugewiesen. Präsentierte sich das Erdgeschoss noch ein wenig gediegen und gemütlich, war das Obergeschoss wahrscheinlich nur dazu da, die Massen in kürzester Zeit auf engstem Raum zu versorgen. Kantinen ähnlich waren Tische und Stühle aneinander gereiht, der Boden sah aus, wie nach einem Rittermal und die Mitmenschen um uns herum, schrien, tobten und spuckten um sich herum. Unsere Bäuche sagten zwar ja aber unser Laune konnten gar nicht mehr tiefer sinken und so gingen wir wieder. Nach mehr als 2 Stunden Suche kein Cocktail und kein Essen. Wir beschlossen in das Familienrestaurant von morgens zu fahren, was direkt am See lag und somit weg von den Touristen. Natürlich kam kein einziges Taxi vorbei und die Taxen, die anhielten, wollten nicht mit Taximeter fahren (ca. 1 EUR für die Strecke) sondern wollten einen Auländer-Fix-Preis. Schließlich hielt ein Taxi und wir kämpften uns glücklich durch die Blechlawine voller Autos. Irgendwann ist unser Taxifahrer so unfreundlich geworden, weil wir nicht wußten, ob er an der Promenadenstraße nach links oder rechts abbiegen soll, dass wir uns gezofft haben und wir viel eher ausgestiegen sind. Wir wissen bis heute nicht, was er für ein Problem hatte. Grundsätzlich sollte er doch froh sein, dass wir überhaupt ein paar Worte Chinesisch konnten und es wäre ihm doch zugute gekommen, wenn er uns länger herum kutschiet hätte. Keine Ahnung.

So und nun kommt der schöne Teil: das Restaurant war nur halb voll, es war fast still, wir haben ausgezeichnet gegessen (einen Riesen Fisch und Bettlerhuhn, was in einem Blatt eingewickelt wird und in Asche gegart wird und sehr sehr gut schmeckt), und da wir auch keine Lust mehr auf eine Bar hatten, haben wir dort ziemlich lange gesessen und haben zu unserer Freude und zur Freude der Besitzer Bierchen getrunken. O.K. nach dem Essen stand vor uns am Fenster auf einmal ein im Gesicht blutüberströmter Chinese, aber die Besitzer des Restaurants sind gleich hinaus geeilt, um ihm zu helfen. Anscheinend ein Streit mit Fäusten, der sich im Verkehrschaos entwickelt hatte.
Auf dem Nachhause-Weg kamen wir an einer Jazz Bar vorbei und da dort gerade eine Band auftrat, sind wir kurzerhand hinein und haben dort noch einen sehr sehr schönen Abend verbracht und schon zu diesem Zeitpunkt über den gesamten Tag gelacht.

Am Sonntag sind wir zu einem dieser Teedörfer in den Bergen gefahren, die leider nicht mehr so ursprünglich aussehen wie wir gehofft hatten, dafür aber durch ihre Lage inmitten von Teehügeln ganz reizvoll sind. Hier haben wir uns inmitten von Teeplantagen unsere Ruhe geholt und die Zeit bis zur Heimfahrt verbracht.
Gut dass wir so clever waren und uns das Zugticket zurück nach Shanghai schon bei Ankunft am Freitag gekauft hatten, denn wir wußten, dass wir ansonsten am Sonntag sicherlich nicht mehr von Hangzhou weggekommen würden. Und genau wie vermutet präsentierte sich uns ein solches Bild: tausende Menschen, tausende Schlangen und ausverkaufte Züge. Unser Zug allein hatte 17 Waggons mit je 100 Passagieren. Die Abfertigung erfolgt ähnlich wie beim Fliegen und schon vorher im Gebäude in Schlangen. Im Übrigen fahren pro Stunde ca. 3 Schnellzüge und 5 Bummelzüge, die jedoch alle ausverkauft waren.

Es war ein schöner Ausflug und Hangzhou ist wirklich ganz schön, aber wir waren auch froh, wieder in Shanghai zu sein.
Mein Geburtstag wird mir aber immer in Erinnerung bleiben, weil er so schön chinesisch war.

Friedliche Stimmung auf dem West-See vor der Wolkenkratzer Skyline

Über insgesamt drei dieser langen Brücken kann man den Westsee mit seinen Inseln erkunden.

Am besten man erkundet den See am frühen Morgen oder unter der Woche. Dann drängen sich noch keine Menschenmassen auf den Wegen und man kann sich mit Ruhe den Tempeln und Pagoden widmen oder einfach nur die 15 km lange Uferpromenade mit dem Fahrrad entlang fahren.

Tempel am West-See

Chijianjing Jingcisi Tempel, in welchem wir ein wenig Ruhe gesucht und diesen wunderschönen Buddha gefunden haben.

Wichtige Utensilien sind der Regenschirm und das Mega-Phone. Letzteres um auch den stillsten Ort (hier in einem Tempel) in einen Markt zu verwandeln.

Neben Pfirsisch- und Pflaumenbäumen, die im Frühjahr am Rande des Sees blühen, gehören die Lotuspflanzen zum See wie dessen Wasser.

Allein 14 Lotuskulturen gibt es im West-See.

Vom kleinen Ruderboot bis hin zum großen Drachenboot; hier ist für jeden Geldbeutel etwas dabei.

Ein Hauch von Stille und Romantik.

Abenddämmerung vor der Baochu Pagode.

Es war einmal ein Bettler, der schon bewußtlos vor Hunger von seinen Bettlerfreunden im Straßengraben gefunden wurde. Sie trugen ihn in einen alten Tempel. Dann stahlen sie ein Huhn. Sie hatten jedoch keinen Topf. Und so beschlossen sie das Huhn direkt auf dem offenen Feuer zu backen. Damit es nicht anbrennt, wollten sie es mit Schlamm umhüllen und damit es davon nicht schmutzig wird vorher in ein Lotusblatt einwickeln. Als der Schlamm ganz trocken war öffneten sie die Kruste und gaben dem Freund davon. Dieser erlangte dadurch wieder das Bewußtsein und wurde schnell wieder gesund. Diese Spezialität wird heute in vielen Restaurants als Bettler-Huhn angeboten.

Allabendliche Gymnastik zu Popmusik.

Ein kleiner schattiger Unterstand der Teeplantagenarbeiter in Longjing war unsere Ruheoase des Wochenendes.

Der Blick aus unserer Ruheoase hinauf in die Berge.